TRIGEMA – Wirtschaft braucht Anstand

Wirtschaft braucht Anstand von Erik Lindner

Untertitel: Der Unternehmer Wolfgang Grupp

 

Trigema - Wirtschaft braucht AnstandANALYSE

Da ich von Zeit zu Zeit in der Literatur nach Vorbildern suche oder nach Möglichkeiten, mich in meinem Business weiterzuentwickeln, möchte ich heute eine Analyse zu meinem letzten Buch über den Unternehmer Wolfgang Grupp, dem Inhaber der Textil Fima TRIGEMA, vornehmen.

Ich gebe zu, dass sowohl der Unternehmer als auch seine Wertevorstellungen oftmals etwas altbacken wirken. Aber Wolfgang Grupp gehört zu den umstrittensten Mittelständlern Deutschlands und es lohnt sich auf jeden Fall, bei ihm hinter die Kulissen zu schauen und seine streitbaren Ansichten zu hinterfragen.

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Wer ist Wolfgang Grupp, Hintergrund?

Er kommt aus einem gutbürgerlichen wohlhabenden Elternhaus in Schwaben. Sein Großvater gründete in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts das Textilunternehmen und stellte Herrenunterwäsche her. Das Unternehmen ist in einem dünn besiedelten ländlichen Bereich verortet, wodurch es schnell zum größten Arbeitsgeber der Region avancierte.

Sein Großvater hatte großes unternehmerisches Geschick und brachte das Unternehmen bald zum Erfolg, sonnte sich aber auch in seinem wachsenden Wohlstand und trug ihn zur Schau, indem er sich eine pompöse Villa und großzügige materielle Werte zulegte, die für alle gut sichtbar waren.

Als Familienunternehmen gegründet, ging die Firma jeweils auf die Kinder über. Der Vater von Wolfgang Grupp war Jurist und hatte bei der Führung des Unternehmens nicht solch glückliches Händchen. Er kannte sich gut in den rechtlichen Fragen aus, aber es fehlte ihm an kaufmännischem Geschick. Somit hinterließ er schlussendlich ein zerstückeltes Unternehmen mit verschiedenen Tochterunternehmen, die allesamt unrentabel arbeiteten, hoch verschuldet waren und stand bei Übergabe des Unternehmens kurz vor den Konkurs.

Wolfgang G. gelang es durch harte Einschnitte und Aufgabe der unrentablen Firmenzweige sowie durch innovative Änderungen in der Produktlinie, die Firma in wenigen Jahren wieder in die Gewinnzone zu wirtschaften.

Stand des Unternehmens bei Buchveröffentlichung

Bei Veröffentlichung dieses Buches 2010 führte Wolfgang G. sein Unternehmen seit 35 Jahren, hat über Jahre hinweg stabil ungefähr eintausend Mitarbeiter und bezahlt diese nach eigener Aussage „anständig“. Er hat Mitarbeitern nie betriebsbedingt gekündigt, ist nie in Kurzarbeit gegangen und wirtschaftet ohne Kredite!!!

Diese Aussagen sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen wurde Mitte des 20. Jahrhunderts in allen anderen Unternehmen die Textil-Produktion erst nach Südeuropa und dann nach Asien ausgelagert, was extrem kostengünstiger in der Produktion ist, da die Lohnkosten nicht mit Deutschland vergleichbar sind. Zuvor gab es ein großes „Sterben“ der deutschen Textilindustrie. TRIGEMA blieb da die absolute Ausnahme und ist es wohl heute noch. Zum anderen ist es auch völlig unüblich, ohne Kredite zu agieren. Dadurch ist Wolfgang G. jedoch in der Lage, unabhängig seine Entscheidungen zu treffen und er spart natürlich auch die Zinsen in nicht unerheblicher Höhe. Dadurch und durch ständiges Controlling, das er selbst übernimmt, konnte er bis in die Gegenwart seine Produktion in Deutschland halten und seine Mitarbeiter kontinuierlich entlohnen. Ein weiterer Pluspunkt in wirtschaftlicher Hinsicht ist dabei auch, dass die Produktionsstätten und der Grundbesitz sein Eigentum sind und somit ebenfalls keine Kosten erzeugen.

Die Mitarbeiter kann er nicht mit hohen Löhnen bezahlen, aber er übernimmt Verantwortung für sie, kontinuierlich und mit hoher Sicherheit einen Arbeitsplatz und Entlohnung in Deutschland zu gewährleisten.

Familie GruppWertevorstellungen von Wolfgang G.

Da kommen wir auch bereits zu seinem größten Anliegen, das er stets mit „Wirtschaft braucht Anständigkeit“ proklamiert. Er wettert seit Jahren empört gegen den Trend des Auslagerns der Produktion in andere Länder. Vehement spricht er sich dafür aus, dass unsere Unternehmen Verantwortung für ihr Heimatland und die Menschen dort übernehmen müssen, indem sie die Unternehmen im Land belassen. Er wird dafür von anderen Unternehmern belächelt und als „Maskottchen eines schwäbischen Unternehmertums“ bezeichnet.

Schonungslos rechnet Wolfgang G. mit Unternehmenschefs und Vorständen anderer Unternehmen ab, die nur Machtgehabe und Selbstbedienungsmentalität an den Tag legen und keinerlei Verantwortung übernehmen. Das gipfelt sogar darin, dass diese Menschen bei Misswirtschaft mit großen Abfindungen aus ihren Positionen verabschiedet werden und „die Suppe“, also das Missmanagement, von den Mitarbeitern und den Steuergeldern ausgebadet werden muss.

Auf der anderen Seite ist Wolfgang G. sehr konservativ und eigenwillig. Zum Beispiel gibt er seit den 1990-iger Jahren für einen gewöhnungsbedürftigen Werbespot mit einem Affen, der direkt vor der Tagesschau im ARD eingeblendet wird, jährlich 2 Mio. € aus. Er ändert diesen Spot nie, obwohl er längst dafür verlacht wird und gibt kaum Geld für andere Werbebotschaften aus.

Seine Eigenwilligkeit gilt auch seinem Privatleben. Er ist in bestimmten Bereichen durchaus geltungsbedürftig, hat eine pompöse Villa, ein Jagdhaus mit eigenem Jagdrevier, Hauspersonal mit Buttler, teure Autos und einen Hubschrauber mit Außenlandeerlaubnis.

Sein Geschäftsmodell

Im Gegensatz zu anderen produzierenden Gewerben produziert Wolfgang G. kontinuierlich mit 700 Näherinnen in zwei Schichten unter Auslastung auf Lager. Er ist überzeugt davon, dass sich diese Methode doppelt rentiert. Zum einen kann er seine Näherinnen permanent auslasten und somit auch bezahlen. Zum anderen kann er sehr flexibel und schnell reagieren, wenn kurzfristig Kleidung geordert wird. Er nennt es kundenorientierte Schnelligkeit und innerbetriebliche Flexibilität. Wolfgang G. betont auch stets, dass er renditeorientiert ausgerichtet ist und nicht umsatzorientiert. Was nutzen ihm hohe Umsätze, wenn die Gewinnspanne nicht ausreicht oder gar ins Minus gewirtschaftet wird.

Des Weiteren hat er eine schlanke Verwaltung, da diese Gelder von der Produktion mit erwirtschaftet werden müssen. Er ist inzwischen auch wirtschaftlich unabhängig von Kaufhausketten, die die Preise extrem drücken. Durch diese negative Preistreiberei hat er alle Verträge mit Kaufhausketten gekündigt und seine eigenen Testgeschäfte eröffnet. Diese sind wiederum auf eigenem Grund und Boden und mit Eigenkapital entstanden, so dass sie kostenminimierend schnell in die Gewinnspanne wirtschaften können. In den letzten Jahren hat er sein Geschäftsmodel außerdem auf Onlinehandel erweitert.

Eine weitere Besonderheit ist es, dass er bei Investitionen und eigenen Einkäufen sofort bezahlt. An die Qualität seiner Erzeugnisse legt er sehr hohe Qualität-Standards an, um sich von seinen im Ausland produzierenden Konkurrenten abzuheben. Er achtet auf eine überschaubare stabile Betriebsgröße und legt großen Wert auf Mitarbeiterbindung und Sicherung der Arbeitsplätze. Auf externe Dienstleister verzichtet er komplett.

Entwicklung des Unternehmens

Die Firma wurde ursprünglich vom Großvater 1919 in einem Alter von nur 23 Jahren gegründet und stellte in den ersten Jahren Herrenunterwäsche her. Er hatte schnell Erfolg, überstand jedoch den ersten Weltkrieg wirtschaftlich hauptsächlich durch den hohen Bedarf an Wäsche für Soldaten. Dadurch konnte er schnell wachsen. Förderlich war auch das von seiner Frau in die Ehe eingebrachte Vermögen an Grund und Boden, auf dem das Betriebsgebäude erbaut wurde. Sein Großvater präsentierte sein Vermögen gern offen.

Bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges nahm der Bedarf an Wäsche durch den „Uniformierungswahn“ auch noch zu, er produzierte inzwischen aus diesem Grund auch Uniformen. Durch die „Arisierung“ im Hitlerregime konnte er zusätzlich ein gut ausgestattetes Bekleidungswerk von Juden für einen Spottpreis erwerben. Es ist nicht ganz klar, in welcher Weise sich Wolfgangs Großvater und Vater dem Naziregime nahe fühlten, da beide recht spät in die NSDAP eintraten, jedoch auf jeden Fall deutlich vom Regime profitierten.

Trotzdem wurde die die Aufrechterhaltung der Produktion gegen Kriegsende sehr schwierig, da es an Mitarbeitern und Material fehlte. Er und sein Sohn, der inzwischen die Geschäfte mit führte, beschäftigten hierfür französische Kriegsgefangene, bis 1944 sein Sohn (Vater von Wolfgang G.) einberufen wurde und das Unternehmen schließen musste.

Dadurch folgte dem wirtschaftlichen Aufschwung zu Beginn des Krieges ein Niedergang zu Kriegsende, auch durch die Besetzung der französischen Besatzungsmacht seiner Firmengebäude. Seine modernen Maschinen wurden entfernt und er musste hohe Strafzahlungen absolvieren. Jedoch mit Gründung der BRD begann erneut der Aufstieg von TRIGEMA durch erhöhten Kleidungsbedarf, aber auch durch den Wegfall von drei Konkurrenzbetrieben, die nun durch die Teilung in der DDR angesiedelt waren.

Charakteristika des Wolfgang G.

Er gilt als extrem extravagant und gepflegt auftretend, ist stets eloquent und redegewandt. Auf der anderen Seite hat er auch eine stark cholerische Ader und ist zu heftigen Ausbrüchen fähig, wenn er etwas ablehnt oder es ihn empört. Durch seine Internatsausbildung hat er früh zu einem äußerst disziplinierten Verhalten gefunden und ist darüber hinaus auch tief gläubig (katholisch). Diese Eigenschaften empfindet er selbst als sehr wichtig und hilfreich für ein erfolgreiches Leben. Sein Lebensmotto ist: Das Schönste im Leben ist nicht, Geld zu haben sondern das Gefühl, gebraucht zu werden. 

Wirtschaft braucht Anstand RückseiteFazit für mich:

Trotz der umstrittenen Persönlichkeit des Wolfgang Grupp kann es auch hilfreich sein, einmal wieder mit traditionellen Wertevorstellungen, wie Disziplin sich selbst und anderen gegenüber zu üben, in bestimmter Weise konservativ zu agieren, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, zu überdenken.

Gerade in der heutigen Zeit des schnelllebigen „höher, schneller, flexibler“ kann man die Bodenhaftung und den Sinn für Wesentliches schnell verlieren. Also, wenn Du über diese Werte nochmal reflektieren möchtest und Dir etwas altbacken wirkende Wertevorstellungen kein Augenrollen verursachen, ist das Buch durchaus lesenswert. Du darfst allerdings nicht erwarten, der Weisheit letzter Schluss zu erfahren und einiges erinnert Dich möglicher Weise auch an Deine Eltern und Großeltern.

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